Schnuller abgewöhnt, ganz ohne Drama

Wozu ein Männerwochenende nicht alles gut sein kann. Wie sich unser kleiner Noah von seinem Schnuller getrennt hat, fällt eindeutig in die Kategorie „Unverhofft kommt oft“.

Aber fangen wir von vorne an: Eigentlich hab’ ich meine Arbeitskollegin Lisa schon immer bewundert. Für ihr Gespür als Journalistin sowieso. Neben ihrem Job aber auch dafür, dass sie „fast nebenbei“ ungfähr im Sechs-Jahres-Takt drei Mädchen bekommen hat. Ihre Jüngste ist nur ein paar Tage älter wie unser Theo. Und sie hat mit ihrer „Kleinen“ etwas gemacht, um das ich sie ein bissl beneidet habe. Sie hat sich den Schnuller erst gar nicht angefangen.

Bei uns war das gar keine bewusste Entscheidung. Zur Geburt von Kindern kriegt man automatisch einen Haufen Schnuller geschenkt. Logisch, dass man die auch verwendet. Theo – unser mittlerweile Schulkind – war nie ein großer Schnuller-Nutzer. Zum Einschlafen hat er ihn ganz gern im Mund gehabt. Tagsüber nie, auch nicht, wenn irgendein Drama ausgebrochen ist und er getröstet werden wollte. Schnuller war einfach nicht sein Ding.
Unser „Kleiner“, Noah, hatte am Anfang die gleiche Einstellung zu Schnullern. Eh nett, wenn sie da liegen. Aber Kuscheln ist wichtiger. Irgendwann ist seine Zuneigung aber mehr geworden. Manchmal so sehr, dass wir aus Bequemlichkeit den Schnuller auch außerhalb des Hauses mitgenommen haben. Ich weiß, die Erziehungspäpste dieser Welt sagen sinngemäß „Das Kind bloß nicht zustoppeln“ und zählen dann auf, wie schlecht sich Schnuller auf die Sprachmotorik auswirken können. Zum Glück sind wir nie zum Heavy User geworden. Ab und zu hat es schon Autofahrten gegeben, wo wir der einfachheithalber den Schnuller als Notfall mitgenommen und ihn im Verlauf der Fahrt auch benutzt haben.

Heimlich, still und leise hat sich der Schnulli zum Dauergast entwickelt.

Mir war das innerlich nie so ganz recht – eben auch weil ich immer an Lisa und ihre drei Töchter gedacht habe, die ein Babyleben ganz ohne Schnuller hingebracht haben. Aber insgeheim hab’ ich mich mit mir darauf verständigt, dass das Christkind 2018 – also zu Noahs drittem Geburtstag – die Schnuller mitnehmen wird. Die meisten Eltern regeln das Schnuller abgewöhnen ja mit Osterhase, Christkind oder – falls gar keiner dieser Anlässe in zeitlicher Nähe ist – mit der Schnullerfee. Damit hätten wir also noch ein bissl Zeit gewonnen, aber auch die Aussicht auf ein Ende der Dannerschen Schnullerzeit.

Der Schnuller muss zu Kasimir

Noah war in die Pläne nicht eingeweiht und hat sich entsprechend seine eigenes Schnuller-Goodbye ausgedacht. Passiert ist alles an einem Männerwochenende. Mama Christina war vier Tage mit ihrer Mama in London und wir drei Danner-Burschen alleine daheim. Am ersten Morgen stehen wir drei also auf, liegen aber – wie das so üblich ist bei Männerwochenenden – noch halbverträumt nebeneinander im großen Bett. Und da kamen plötzlich die Worte: „Schnuller Kasimir geben!“

Wir waren erst vor ein paar Monaten in einem Kinderhotel im Südburgenland, dessen Hotelmaskottchen ein Wasserbüffel namens Kasimir ist. Vor dem Hotel steht ein riesiger Ahornbaum, auf dem dutzende Schnuller hängen. Das Hotel nennt ihn Schnullerbaum und macht eigene Zeremonien mit dem Stofftiermaskottchen Kasimir. Beides schlagen Experten ja immer wieder vor, damit sich Kinder vom Schnuller trennen: Abschiedszeremonien und/oder den Schnuller im Urlaub abgewöhnen, weil in neuer Umgebung auch Lebensgewohnheiten leichter geändert werden können. Für uns war das beim Hotelbesuch damals noch kein Thema. Für Noah anscheinend aber schon.

Und so liegen wir drei Männer frühmorgens im Bett und Noah schlägt quasi von sich aus vor, den Schnuller jetzt abzugeben. Kurz überlege ich, ob ich spontan mit den zwei Kids ins Südburgenland fahren soll, erspar mir das aber, weil Theo gleich vorschlägt, den Schnuller des kleinen Bruders auf einen Baum in unserer Nähe zu hängen. Und Noah hofft dann auch gleich, dass der Wasserbüffel Kasimir zu uns kommt.

Also ziehen wir uns an, hängen alle Schnuller auf ein Stück Wolle und suchen uns einen Baum keine 30 Meter von unserem Haus im Wienerwald entfernt. Nach dem Frühstück machen wir noch einmal einen Kontrollgang, ob Kasimir die Schnuller schon geholt hat. Aber so schnell ist nicht einmal ein Wasserbüffel…

 

Der Schnulli-Baum

Der große Bruder unterstützt Noah bei dem großen Schritt.

Einmal noch winken und dann dürfen die Schnullis abgeholt werden.

Die Schnuller sind weg

Nach einem Lebensmitteleinkauf (bei dem sich nicht nur Lebensmittel, sondern auch andere kleine Dinge kaufen lassen), bringen wir alle Sachen noch ins Haus – die Burschen beschäftigen sich kurz alleine, während ich die Sachen ausräume (und im Garten kurz ‚was nachschauen’ muss). Bis ich den Burschen schon Bescheid geben kann: „Die Schnuller sind weg.“

Und so marschieren wir voller Aufregung zu unserem Schnullerbaum, der auf einmal nicht mehr mit Noahs Schnullern, sondern mit kleinen Geschenken für ihn geschmückt ist: Paw Patrol-Autos, die er sehr sehr gerne hat – und endlich auch eine eigene kleine Wasserspritzpistole, die sich Noah sonst immer von Theo ausborgen hat müssen.

Beim Einschalfen am ersten Abend hat Noah noch einmal kurz gefragt, wo die Schnuller sind – und kurz gemeint, dass er sie zurückhaben möchte. Das Argument, dass auch sein Bruder Theo und ich keinen benutzen, war aber überzeugend genug.

Die Schnuller waren Vergangenheit – zur Überraschung von uns selbst und erst recht von Mama und Oma, als sie von London wieder retour gekommen sind. Wer hätte schon gedacht, dass ein Männerwochenende für sowas gut sein kann.