Die Nacht, in der Michael Jackson klingelte

Flo und Matt

Bisher hab’ ich ja immer Franz Welser-Möst geantwortet. Und der Fragensteller oder die Fragenstellerin war dann immer eher enttäuscht, weil das zwar ein großartiger Künstler aber nicht der große Super-Mega-Promi ist. Franz Welser-Möst war immer meine Antwort auf die Frage, welcher Mensch mich am meisten beeindruckt hat, von denen, die ich durch meinen Job hinter den Kulissen kennengelernt habe. Jetzt hab’ hier in meinen ersten drei Monaten bei NBC zwar schon Leute wie Tom Hanks oder Will Smith getroffen, wirklich beeindruckt haben mich aber andere.

Jim Shipley zum Beispiel. Kennt kein Mensch bei uns in Europa. Ist aber einer der besten field photographer von NBC, mit dem ich immer wieder bei Einsätzen unterwegs bin – bis er mir verrät, dass er Michael Jacksons persönlicher Kameramann war. Jackson hat nicht vielen vertraut und sich nur mit Menschen umgeben, die ihren Job genauso geliebt haben wie der King of Pop. Eines Nachts auf der History-Tour in Südkorea hat ihn Jacko rausgeläutet, weil er in der Sekunde Achterbahn fahren wollte. Innerhalb einer Stunde wurde ein Vergnügungspark für Jackson und die Crew leergeräumt. Und Jim sagt heute noch, das war eine der verrücktesten und unbeschwertesten Nächte, die er jemals erlebt hat.
Immer wieder bin ich auf Wahlkampfveranstaltungen auch mit Katy Tur. Eine Weltklasse-Reporterin, die eigentlich in London gelebt hat und zufällig in New York war, als ein gewisser Donald Trump zu einem Termin geladen hat, um die Spekulationen über eine mögliche Präsidentschaftskandidatur zu beenden. Sie ging hin, kam mit Exklusivmaterial zurück und hat seither keinen Tag mehr daheim in London verbracht. Sie ist seit mehr als einem Jahr jeden Tag dort, wo Trump ist, kennt ihn und seine engsten Berater entsprechend gut und weiß alles über diesen Wahlkampf. Trump hat sie wegen ihrer kritischen Berichte schon oft in seinen Reden attackiert. Seit einigen Drohungen von Anhängern bewacht sie ein Beamter der Homeland Security bei ihren täglichen Einsätzen.
Und natürlich beeindrucken mich die großen Moderatoren hier, für die und mit denen ich hier arbeiten darf. Lester Holt etwa, der Moderator des ersten TV-Duells zwischen Clinton und Trump und der großen Abendnachrichten „NBC Nigthly News“. Zu ihm finde ich gleich einen Draht, weil ich schon mit seinem Sohn Stefan zusammengearbeitet habe. Und als ich ihn für meine kleine persönliche Doku interviewe und danach draufkomme, dass bei der kompletten Aufzeichnung der Ton fehlt, lacht er ganz Gentleman-like: „Gut, dass wir es noch einmal machen können. Ich verspreche dir, ich hab’ jetzt bessere Antworten.“
Auch mit Steve Kornacki und seiner Crew in New York durfte ich mehrere Wochen arbeiten. Er moderiert die 16-Uhr-Stunde am NBC-Nachrichtensender MSNBC und ist mit 37 der jüngste unter allen Moderatoren. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so viele Zahlen und Fakten abrufbereit im Kopf hat. Wieviel Prozent der Senioren haben 2004 George W. Bush gewählt? Er weiß es sofort. Wer war der republikanische Präsidentschaftskandidat mit der höchsten Zustimmung unter African Americans? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. Sehr bezeichnend wars bei einer „Ab in den Mutterschutz“-Party für die schwangere Line Producerin Mary Murphy nach einer Redaktionskonferenz, zu der Steve nur per Telefon zugeschaltet war: Er hat die Sause vergessen. Während der Konferenz davor ist ihm aber plötzlich eingefallen, dass der 66. Jahrestag des ersten amerikanischen TV-Duells Kennedy-Nixon ansteht.
Und natürlich, der Mann, der denselben Job hier in den USA macht wie ich in Österreich: Matt Lauer, Moderator der TODAY Show, der ersten TV-Morningshow der Welt (oben am Foto). Sein Begrüßungsritual mit Sendungshund Charlie eine halbe Stunde vor Showstart ist zum Niederknien. Seine Konzentration, seine Ruhe, seine Souveränität bei Breaking News – atemberaubend. Über Café Puls weiß er alles, weil er mich darüber ausfragt und wissen will, was er von uns lernen kann. Er, der Mann, der mit einer kolportierten Jahresgage von 20 Millionen Dollar der Bestverdiener unter Amerikas Moderatoren ist. Das bringt viele Neider mit sich. Bei TODAY weiß aber jeder, was sie ihm zu verdanken haben. Welche Bandbreite Matt drauf hat, wenn er zuerst in der Sendung Präsident Obama über den Syrienkrieg interviewt und danach Taylor Swift über ihre neueste Beziehung, beeindruckt mich unheimlich. Dass er immer einen launigen Spruch drauf hat, sowieso. Und dann erst seine unendliche Leidenschaft für diesen Job, der mit sich bringt, dass sein Wecker seit unglaublichen 22 Jahren täglich um 4.10 Uhr läutet.
Die Woche treffe ich hier in San Francisco Amazon-Chef Jeff Bezos, Uber-Boss Travis Kalanick, YouTube-CEO Susan Wojcicki, Mark Zuckerbergs Ehefrau Priscilla Chan, SATC-Star Sarah Jessica Parker und Late Nighter Conan O’Brien. Ob sie mit Matt, Steve, Lester, Katy, Jim – oder mit Franz Welser-Möst – mithalten können?
Autor: Flo Danner