Streiten eure Kinder nie?

“Was beschäftigt dich gerade?”, fragt mich unsere Website. Und sofort meldet sich mein schlechtes Gewissen. Zu lange kein Blogpost, zu lange kein Posting auf Social Media, zu lange…whatever… Es gibt einfach Zeiten im Leben, da bleiben leider auch die Dinge auf der Strecke, die einem eigentlich Spaß machen. Aber was soll ich sagen: Jobs, Alltag, Kinder, wenig Schlaf, und fucking Corona… es überfordert einen einfach hin und wieder und dann ist es völlig ok, ein paar Tasks einfach schleifen zu lassen.

Heute hab ich aber wieder mal so richtig Lust, mich hier etwas auszutoben. Weils grad so gut passt und ich annehme, dass es vielen von Euch genau so geht.

Was beschäftigt mich also gerade? Die Frage einer Followerin auf Insta: “Streiten Eure Kinder nie? Das schaut immer so harmonisch aus.” Bämm, da ist er, der Reality Check. Warum zeigen wir immer nur das, was gute Laune macht? Was friedvoll ist? Wenn alle in flauschige rosarote Harmonie gepackt sind…

So ist es nämlich nicht. Natürlich streiten unsere Kinder. Und wie! Letztens sagte der beste Freund der beiden (Einzelkind) nach einem Treffen zu seiner Mama: “Mama, stell dir vor, Theo und Noah haben heute gar nicht gestritten.” Das kommt allerdings nur einmal in 86 Treffen vor…

Teilweise denk ich mir, die Brüder mögen sich überhaupt nicht, so wie sie miteinander umgehen. Es gibt Tage, da denke ich mir: “Bitte einmal zurückschicken an den Absender, das Produkt (aka meine Söhne) ist fehlerhaft.” Ja und warum zeig ich solche Momente nicht auf Social Media? Weil ich in diesen Situationen schlichtweg keine Zeit habe Bilder zu machen und das auch nicht möchte. Keiner von uns möchte in Streitsituationen fotografiert werden und außerdem hab ich bei einem Geschwisterzwist alle Hände voll zu tun, um zu verhindern, dass sich die Jungs gegenseitig umbringen. Ok, ok, möglicherweise übertreibe ich auch ein bisschen…

Nebeneinander in Frieden sitzen funktioniert nur selten

Vorpubertät – what? 

Theo ist jetzt neun Jahr alt und keiner – wirklich KEINER – warnt einen, bevor man Kinder kriegt, davor, dass zum Beispiel die Pubertät nicht erst mit 14 Jahren kommt. Nein, nein, es fängt schon viel früher an, “spannend” zu werden oder anders gesagt: Manchmal merken wir jetzt schon sehr deutlich, dass die Synapsen unseres Großen nicht mehr ganz so gut zusammenspielen, wie gewohnt ;-). Er hadert hin und wieder ganz schön mit seinen Emotionen. Wir Eltern bekommen das dann mittels patzigen Antworten und plötzlichen Wutausbrüchen zu spüren. Gerade abends ist das Kuschelbedürfnis dann aber doch wieder groß. Oft kommt man sich im Laufe des Tages als Elternteil wie ein emotionaler Mistkübel vor, gerade beim Homeschooling sind die Nerven aller Beteiligter dezent angespannt. Zurück in der Schule kommt dann noch das soziale Performen dazu, Streitereien mit Freunden, der Wunsch, gut auszusehen und vieles mehr machen dem Kind zu schaffen. Momentan merken wir, wie erledigt er nachmittags und abends ist. Es tut sich viel!

Provokation funktioniert einfach immer 

Und wenn dann der kleine Bruder mit seiner “leicht” provokanten Art kommt, ist Streit vorprogrammiert. Theo ist noch nicht so weit, die Provokationen, und seien sie noch so hirnrissig, links liegen zu lassen. Es funktioniert einfach JEDES. VERDAMMTE. MAL. Kleiner Auszug gefällig?

Noah (5!!!): “Theo, ich bin größer als du!”
Theo (9): “Nein, bist du nicht!”
Noah: “Doch, bin ich schon.”
Theo (noch ruhig): “Schau, stellen wir uns nebeneinander, dann siehst du doch, dass ich größer bin.”

Sie stellen sich nebeneinander. Der Größenunterschied ist mehr als deutlich erkennbar. Kurzes Schweigen.

Noah: “Ich bin trotzdem größer als du.”

Das wars. Theo zuckt aus. Es folgen Geschrei und Tränen und am Ende wird entweder gepetzt oder gerauft. Je nachdem… Und selber denkst du nur: “Einatmen – Ausatmen – Einatmen – Ausatmen”

Wenn dann auch noch beide Kinder den ganzen Tag daheim sind, geht das von morgens bis abends so. Nur wenn es um Tablet und Konsole geht, sind sie sich schnell einmal einig.

Ein kurzer Moment der Harmonie.

Bloß nicht einmischen 

Mittlerweile kenn ich die Kinder doch so gut, dass ich nicht mehr gleich einschreite. Noah hat schon in sehr jungen Jahren gemerkt, dass Theo eher geschimpft bekommt, wenn er die Tränen waagrecht rausschießt. Funktioniert aber nicht mehr – sorry. Auch wenn es hart klingt, ich kenne die fiesen Tricks inzwischen schon gut. Und Mamas und Papas hören schon am Sound des Weinens, ob es wirklich tragisch ist oder eher theaterreif.

Die Kinder haben jetzt ein Alter erreicht, wo Flo und ich uns – wenn es die Nerven zulassen – nicht mehr in die Streitereien einmischen. Der Punkt ist nämlich, dass die Buben nur allzu gern aufeinander kleben, anstatt sich auch einfach mal zurückzuziehen. Oft sag ich dann einfach: “Bitte, geht doch einfach auseinander und spielt in unterschiedlichen Räumen.” Aber das wär ja fad.

Unsere Interventionen machen es in den seltensten Fällen besser und darum kann ich euch nur raten, wenns irgendwie geht: Raum verlassen und durchatmen. Die meisten Streitereien enden von selbst. Auch wenn es hart ist, das Herumgezanke auszusitzen.

Die letzte Banane 

Manchmal nehmen die Streitereien derart absurde Züge an, dass ich lachen muss. Da wird schon mal um das letzte Stück Obst oder Gemüse gestritten, einfach nur, um herauszufinden, wer der Stärkere ist. Dabei gehts schlicht um Macht und wer sich besser durchsetzen kann. Als Noah noch klein war, war natürlich Theo oft der Leidtragende, dem es sicherlich auch an Aufmerksamkeit fehlte. Jetzt, wo beide schon größer sind, versuchen wir, keinen der beiden zu bevorzugen bzw. jedem die nötige Aufmerksamkeit und den nötigen Raum zu geben. Das ist natürlich in Lockdown-Zeiten nicht leicht. Aber auch da machbar, indem ein Elternteil zum Beispiel mit einem Kind eine Radtour macht, während der andere mit dem zweiten Kind in den Wald geht. Es hilft auch, dass Theo eine Stunde länger aufbleiben darf als Noah und hier nochmal exklusive Zeit mit uns bekommt.

Wenn sie eine Zeit lang alleine sind, kommt früher oder später einer und sagt, dass der andere ihm unendliches Leid zugefügt habe. Wir versuchen, so gut es geht, keine Partei zu ergreifen, außer es wurde tatsächlich gehaut oder verletzt. Dann wird natürlich getröstet und auch eingeschritten. Ansonsten mischen wir uns aber nicht mehr ein, schließlich war ich ja nicht von Anfang an beim Streit dabei und weiß nicht, wer wie angefangen hat. Man kann schließlich nie wissen, ob das arme petzende Unschuldslamm den bösen Bruder nicht schon vorher kräftig provoziert hat… aber das hatten wir ja schon 😉

Beim gemeinsamen Spiel ist dann doch jeder froh, kein Einzelkind zu sein.

Ihr seht also, auch hier wird ganz normal viel gestritten bis die Fetzen fliegen! Aber mit den Jahren lernt man Gelassenheit und dafür sind die Kinder sowieso die besten Lehrer. Und wenn grad nicht Lockdown ist, ist die beste Medizin ohnehin: Frischluft und Auslauf für alle!