Homeoffice mit Kindern: Eine Abrechnung

So und jetzt atmen wir alle einmal tief durch: Woche zwei der Ausgangsbeschränkung hätten wir also hinter uns und noch immer ist kein Ende in Sicht. Denn nach wie vor ist noch nicht klar, wann Schule und Kindergärten den Normalbetrieb wieder aufnehmen können. Zwei Wochen Homeschooling und Homeoffice liegen hinter uns und ich muss gestehen: Es klappt nur mit vielen Zugeständnissen und Kompromissen von allen Beteiligten. Und ja, nicht selten bleiben die Nerven auf der Strecke.

Bei uns läuft der neue Alltag derzeit so ab: Flo arbeitet wie gewohnt früh morgens in Wien und kommt spätestens mittags nach Hause. Die Kinder und ich stehen zwischen 6.30 und 7.30 Uhr auf, dann gibts erstmal Frühstück. Danach dürfen sie eine halbe Stunde am Tablet oder an der Spielkonsole sein. Ich checke in dieser Zeit die Firmenemails und arbeite alles ab, was sich nicht auf später verschieben lässt.

Spätestens um 9 Uhr beginnt die Lernzeit für Theo: Mittlerweile hat er es eingesehen, dass viel jammern auch nichts bringt und er seine Sachen genau wie wir Erwachsenen auch erledigen muss. Übungsblätter werden gemacht, gebastelt, gerechnet und gelesen. Zur Lernunterstützung kann ich Euch übrigens Folgendes sehr ans Herz legen:

  • Die Anton APP ist super, um Lerninhalte in allen Fächern zu festigen. Die Kinder können sich selber durch die unterschiedlichen Fächer und Tests durchklicken und virtuellen Münzen sammeln. Mit den Münzen können sie sich dann kurze Spiele downloaden. Theo liebt es sehr.
  • Antolin ist eine Website, auf der Ihr Quizfragen zu mehr als 70.000 Kinder- und Jugendbüchern findet. Nachdem Theo ein Buch zu Ende gelesen hat, suchen wir es auf der Plattform und er löst das Quiz zum Buch. Es gibt ihm immer wieder Anreiz, neue Bücher zu lesen.

Von der Klassenlehrerin gibt es täglich zusätzliche Aufgaben, in Form von Bewegungsspielen, Bastelaufgaben, und so weiter. Zwei bis drei Stunden sind wir damit sicher beschäftigt.

Und die Betonung liegt hier tatsächlich auf “wir”, denn Theo würde fünf Mal so lange brauchen oder Noah würde ihn permanent stören, würde ich nicht daneben sitzen oder in der Nähe bleiben. Noah hat sich mittlerweile zum Glück daran gewöhnt, in dieser Zeit Hörspiele zu hören oder alleine zu spielen.

Ab in den Keller

Sobald Flo heimkommt, verabschiede ich mich in den Keller. Klingt komisch, ist aber so. Unser Büro ist einen Stock tiefer: Keine Sorge, es gibt hier auch ausreichend Tageslicht.

Mein Office ist jetzt im Keller

Die Krux an der Sache ist eher, dass wir kein abgegrenztes Büro haben und der untere Stock in meiner “Arbeitszeit” für die Kinder als Spielbereich komplett ausfällt. Anfangs war es für die Kinder sehr schwer zu verstehen, warum sie nicht runter dürfen und warum die Mama keine Zeit für sie hat, obwohl sie ja eh daheim ist. Vor allem von Noah mit seinen vier Jahren kann man das auch wirklich noch nicht verlangen.

Fakt ist, würde Flo die Kinder nicht ablenken und sich mit ihnen beschäftigen, würden die Kinder im Zehnminutentakt zu mir kommen, weil sie etwas brauchen und sei es nur, um mir zu zeigen, dass man mit der leeren Trinkflasche hervorragende Bottleflips machen kann.

 

Flo kümmert sich um die Kinder, während ich arbeite und umgekehrt

Wie zum Teufel soll man das also hinkriegen, wenn beide Elternteile zu Hause arbeiten müssen? Und wie zur Hölle sollen Alleinerziehende das jemals schaffen? Oder Eltern von zwei oder mehreren Oberstufenschülern, die jetzt plötzlich jeder einen Laptop und/oder Tablet brauchen?

Das geht doch alles nicht. In unserem Fall nicht mit kleinen Kindern und nicht, ohne die Erziehungsmaxime komplett über Bord zu werfen und die Kinder mehrere Stunden vor dem Fernseher zu parken.

Eine Abrechnung mit dem Homeoffice

Ja, ich weiß, das sind Luxusprobleme. Wir haben immerhin noch Jobs. Das stimmt. Und ja, ich weiß, es geht vielen Menschen wirklich schlecht, müssen fliehen aus Kriegsgebieten oder leben komplett isoliert von ihren Familien und Freunden. Das stimmt.

Trotzdem muss auch einmal Platz sein, seinen Frust loszuwerden über diese Situation. Denn – sind wir uns mal ehrlich: In Wahrheit klappt Homeoffice nur im Wechsel mit dem Partner oder dann wenn die Kinder schlafen. Und das eigene Leben bzw. die kurze Auszeit zwischendurch findet schlicht und einfach nicht mehr statt.

Ich arbeite mittlerweile nur mehr mit Kopfhörern, denn ich weiß nicht, ob es der ewige Mutterinstinkt ist oder was auch immer: So konzentriert kann ich gar nicht arbeiten, ohne dass ich die Kinder einen Stock oberhalb oder im Garten höre. Also jeden Streit, jedes Mal, wenn sich einer wo anhaut und natürlich auch jedes Lachen. Und das bringt mich aus dem Konzept. Also Ohrstöpsel rein und Musik aufdrehen. Konzentriert arbeiten geht anders.

Kopfhörer gehören mittlerweile zur Grundausstattung

Telefonate sind momentan auch nur möglich, wenn Flo gleichzeitig die Kinder ablenkt. Denn kaum heb’ ich ab, braucht eines der Kinder driiiiiiiingendst eine lebensnotwendige Info von mir, zum Beispiel, warum der kleine Drache Kokosnuss eigentlich Kokosnuss heißt. Oder ob sie wirklich bei zwei Grad eine Jacke anziehen müssen… Tief durchatmen!

Das Ding ist: Manches lässt sich nicht in den Nachmittag verschieben, obwohl die meisten Kunden und Geschäftspartner sehr flexibel geworden sind. Aber auch ich muss manche Telefonate am Vormittag führen und dann heißt es “Ich muss telefonieren, bitte nicht stören!” Theoretisch möglich, praktisch endet es oft mit Schimpfereien bei zugehaltenem Lautsprecher.

Ja, wir haben mittlerweile sowas wie eine Struktur im neuen Alltag. Ich muss aber schon sagen, dass es mich wahnsinnig anstrengt. Ich bin jeden Abend so gerädert, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Wir sind es einfach nicht mehr gewohnt, die Kinder 24/7 zu betreuen und daneben noch einen Job von daheim aus am Laufen zu halten. Vom Haushalt fang’ ich gar nicht erst an. Dazu kommt die Ungewissheit und die generelle bedrückende Stimmung der Corona-Krise. Keiner weiß, wie lange uns die Maßnahmen noch betreffen werden. Man muss auch sagen, dass es für die Kinder eine sehr spezielle Situation ist. Ohne Freunde, ohne Oma und Opa, ohne Ausflüge am Wochenende. Es ist eine Herausforderung für ALLE Familienmitglieder.

Ja, ich weiß, es geht uns unfassbar gut. Wir können diese Zeit in unserem Haus mit Garten verbringen, haben unsere Liebsten um uns. Und trotzdem nimmt die schlechte Laune manchmal Überhand. Und wisst Ihr was: Das darf auch sein. Man muss und kann nicht immer nur dankbar sein. Wir geben alle unser Bestes, so viel steht fest. Und wir werden diese Zeit auch gut überstehen!

Hach, wie sehr ich mich auf mein Büro in der Firma schon wieder freue. Ich nehme mir fix vor, nicht mehr zu jammern über meinen Arbeitsplatz in der Stadt. Fix nicht, nie wieder… 😉