Zu zweit auf der Alm

Mir hat mal jemand gesagt: “Wenn du wirklich wissen willst, ob du den Partner fürs Leben gefunden hast, musst du gemeinsam mehrere Tage in die Berge gehen.” Damals wusste ich noch nicht, was das genau heißt. Aber so viel steht fest: 4 Tage im Funkloch über 2.000 Meter ohne warmes Wasser und Handyempfang schweißen definitiv zusammen. Und wenn man sich nicht wirklich gut kennt bzw. sich nicht gut riechen kann, ist das definitiv eine Herausforderung. Zum Glück teilen Flo und ich unsere Leidenschaft für die Berge und anspruchsvolle Touren. Deshalb haben wir heuer erstmals einen Urlaub zu zweit auf der Alm verbracht.

Qualitytime zu zweit beim Wandern. Christina und Flo am Tappenkarsee

Beziehungsweise auf mehreren Almen. Auf die Idee hat mich eigentlich mein großer Bruder gebracht, der mit seiner Frau im letzten Jahr eine Weitwandertour in Salzburg gemacht hat. Also eine Wanderung von Hütte zu Hütte über mehrere Tage. Genau das richtige für uns nach den turbulenten vergangenen Wochen. Nachdem wir beide Jobs in einer eher lauten Branche haben und beruflich und auch privat selten alleine sind, war der Wanderurlaub als Paar ein verlockendes Kontrastprogramm. Natürlich ist das kein Urlaub, der für die Kinder auch nur ansatzweise lustig ist, die Strecken sind viel zu lange und es gibt auch keine Unterhaltung wie Sommerrodelbahnen usw. Die Jungs haben zeitgleich Urlaub bei Patin, Oma und Opa gemacht und waren mehr als froh, uns ein paar Tage loszuwerden. 😉

Am ersten Tag sind wir bei der Anreise noch auf den Schober im Salzkammergut.

Die Routenplanung

Ich wusste vorab, dass wir fünf Tage für uns haben würden und machte mich auf die Suche nach einer geeigneten Route. Es gibt einige Wanderwege in Österreich, die sich über mehrere Etappen strecken. Nach einiger Recherche entschieden wir uns für einen Teil des Salzburger Almenweges. Schon in den letzten Jahren haben wir das Großarltal für uns entdeckt und diesmal wollten wir die umliegenden Gipfel und Almen ohne Kinder erkunden. Mit Kindern wäre die Strecke zu weit, zu steil und wahrscheinlich für die Buben auch zu langweilig gewesen. Für uns Erwachsene war es aber genau die richtige Mischung aus Abgeschiedenheit, Hüttengaudi und Gipfelerlebnis.

Der Tappenkarsee – wunderschön und immer einen kleinen Umweg wert

Der Salzburger Almenweg erstreckt sich über insgesamt 31 Etappen, viel zu viel für ein paar Tage Urlaub. Unsere Route habe ich schließlich über die Großarler Tourismusinfo gefunden, die zwei verschiedene Varianten der Alm-Erlebnistage anbieten.

Wir haben also eine Runde gebucht: Die erste und die letzte Nacht haben wir in einem Hotel im Tal verbracht und zwei Nächte dazwischen auf der Draugstein- bzw. auf der Elmaualm. Man kann die Route natürlich ganz individuell planen und auch selbst bei den Almen anfragen. Ich habe es aber ganz angenehm empfunden, alles komplett über die Tourismusinfo zu buchen. So bekommt man dann am Anreisetag alles Infos plus die Gutscheine für die Übernachtungen gesammelt im Hotel.

Für den Draugstein sollte man jedenfalls sehr trittsicher und schwindelfrei sein.

Das Tolle an der Tour ist, dass man jene Dinge, die man am Berg und auf den Almen nicht braucht, einfach im Hotel lassen kann. Ein wichtiger Faktor, weil jedes Gramm am Rücken zählt.

Der Draugstein ist ein schroffer Gipfel auf 2.356 Höhenmeter.

Packliste – was braucht man wirklich

Es ist ja immer so, dass man zu viel einpackt. Beim Wandern kann das aber wirklich ins Gewicht fallen, wenn man sein ganzes Zeug von Hütte zu Hütte schleppen muss. Hier also unsere Erfahrungen, was wirklich Sinn macht:

  • Guter Rucksack: Wir haben zwei Wanderrucksäcke mit 26 und 20 Liter Fassungsvermögen für 4 Tage und zwei Nächte gebraucht. Es sollte wirklich ein guter Rucksack sein, eure Schultern und Rücken werden es euch danken. WICHTIG: Regenschutz für den Rucksack! Du weinst, wenn nach einer Regenwanderung auch noch dein ganzes Zeug nass ist!
  • Wanderstöcke: So altmodisch es auch klingen mag. Gerade zum Bergabgehen finde ich Stöcke super wichtig und entlastend.
  • Bergschuhe: Gerade wenn es hoch hinauf geht, sind Berg- oder Wanderschuhe mit gutem Halt und Profil lebensrettend. Ich hätte mir gewünscht, dass ich zusätzlich noch ein paar Laufschuhe mitgehabt hätte, weil mir der Schuhrand an Tag zwei extreme Probleme gemacht hat. Aber natürlich heißt das dann auch wieder mehr Gewicht.
  • Flip Flops oder andere Patschen für die Hütte: Hausschuhe sind bei einer Hüttenübernachtung extrem wichtig und es gibt kaum ein besseres Gefühl, abends aus den Bergschuhen rein in die Flip Flops zu schlüpfen.
  • atmungsaktive Kleidung für jede Wetterlage: In der Bergen kann das Wetter extrem schnell umschlagen, es ist daher wichtig schnell eine dünne Jacke überziehen zu können. Für die Hütte immer Pulli und eine lange, gemütliche Hose mitnehmen: Bei kalten Bergnächten lasse ich die Kombi auch gleich zum Schlafen an.
  • Handtuch und Hüttenschlafsack: Hier empfehle ich, in wirklich leichtes Material zu investieren. In den Berg-Fachgeschäften gibt es Microfaserhandtücher, dich sich nicht nur extrem klein zusammenlegen lassen, sondern auch sehr schnell trocknen. Das gleiche gilt für den Hüttenschlafsack: Auf dem meisten Almen gibt es Decken und Pölster, den Schlafsack brauchst du nur dafür, eine Schutzschicht zwischen dir und den, vielleicht ungewaschenen, Textilien der Hütte zu haben.
  • Waschzeug: kleine Proben von Duschgel, Shampoo und Zahnpaste um Gewicht zu sparen. Ganz wichtig ist eine Sonnecreme mit hohem Lichtschutzfaktor. Die Bergsonne darf man zu keiner Jahreszeit unterschätzen.
  • Ohropax und Schlafbrille: In den meisten Almen sind die Schlafplätze sehr begrenzt und oft bekommt man nur ein Bett in einem Mehrbettzimmer oder Matratzenlager. Hier kannst du dir deine Bettnachbaren natürlich nicht aussuchen. Um halbwegs gut und ungestört schlafen zu können helfen Ohropax und Schlafbrille enorm.
  • Badekleidung: Im Sommer locken die erfrischenden Bergseen – und sei es nur, um sich zwischendurch mal am ganzen Körper waschen zu können. 😀
  • Bargeld für die Hütten: Bei den meisten Hütten gibt es keine Möglichkeit, mit Karte zu zahlen, daher genügend Geld mitnehmen. Du bezahlst sowohl die Übernachtung als auch sämtliche Konsumationen direkt bar vor Ort.

Unbedingt so leicht wie möglich packen.

endlose Almwiesen, umgeben von wunderschönen Gipfeln

Plumpsklo, kaltes Wasser und schnarchende Zimmerkollegen

Wenn man eine Almenwanderung plant, sollte man sich bewusst sein, dass das kein Wellnessurlaub wird. Viele Almen verfügen weder über Warmwassser noch über eine Toilette in der Hütte. Duschen kann man sich also abschminken, Katzenwäsche mit eiskaltem Wasser muss reichen. Die Dusche und das eigene Klo am Zimmer wird nach Tag 3 am Berg im Hotel zum puren Luxus.

Coffee with a view

Der Kaffee nach einer unruhigen und kurzen Hüttennacht schmeckt besonders gut.

Ich gehöre ja zu der Fraktion, die nachts zumindest einmal aufstehen müssen, überhaupt nach dem einen oder anderen Gipfelbier abends. Da heißt es dann Zähne zusammenbeißen und mit Taschenlampe bewaffnet raus aus dem Schlafsack und raus in die kalte Nacht. Weil gerade bei den urigen Hütten die Toilette meist vor der Hütte ist. Die Klos sind zwar überall liebevoll hergerichtet und dekoriert, Spülung gibt es aber natürlich keine. Man erinnert sich an Musikfestivals und Zeltfeste während man wieder in den warmen Schlafsaal zurückkehrt.

Die erste Alm unserer Tour war komplett ausgebucht. Das heißt, wir teilten uns unser Zimmer mit sechs weiteren Gästen. Da kann es schon zu einem ordentlichen Schnarchkonzert kommen nachts. Learning auch für uns: Nie wieder ohne Ohrstöpsel auf den Berg.

Der Berg schweißt zusammen

Das klingt jetzt alles andere als komfortabel. Ja, man muss sich bewusst für ein paar Tage in sehr einfachen Unterkünften einstellen. Uns haben die vier Tage extrem gut getan, raus aus der Komfortzone und der Über-Digitalisierung unseres Lebens. Bei den langen Routen hatten wir sehr viel Zeit zum Reden aber auch zum Schweigen.

endlose Almwiesen, umgeben von wunderschönen Gipfeln

Es war eine richtig schöne Auszeit vom lauten Alltag. Und das Gefühl der Freiheit, wenn sich nach jeder Kehre ein atemberaubendes Panorama auftut, kann nichts ersetzen. Und nachdem Flo mich vier Tage am Berg ausgehalten hat, nehm ich an, auch er hat die Partnerin fürs Leben gefunden.

Alle paar Höhenmeter eröffnet sich ein noch schöneres Panorama. Hier: Flo am Gründegg

Am Heimweg noch gschwind auf den Barmstein in Hallein rauf. Schnelle Tour mit Wahnsinnsaussicht.